Liebe Leunaer,
Ich war sehr erstaunt, mal wieder etwas von der Bürgermeisterin zu hören. Seit gefühlt (oder real?) mehr als einem Jahr ward sie nicht mehr auf Arbeit gesehen, sondern besuchte nur gelegentlich Festivitäten. Und dann sogar mit Bild! Naja, das Foto war stammt noch von der letzten Bürgermeisterwahl vor 7 Jahren. Und schon damals hatte die Bildbearbeitungssoftware wahrscheinlich sehr viel zu tun gehabt. Aber was soll’s, jünger werden wir alle nicht.
Bemerkenswert sind die Botschaften im Text. „Gehen Sie zur Wahl“ – die erste, die ich aus vollem Herzen unterstütze.
„Jüngere sollten die Verantwortung übernehmen und mit neuem Schwung den erfolgreichen Weg fortsetzen“. Nur Jüngere? ACHTUNG! Schon ein Fall von Altersdiskriminierung?
„… den erfolgreichen Weg fortsetzen“. Wie sie schreibt, wurden „die riesigen Schulden zur Eingemeindung 2010 von ca. 16 Mio. € … fast zurückgezahlt“. Aber eben nur fast. Aus 16 sind mittlerweile 54 Millionen Schulden geworden. Schulden zurückzahlen in dem man Kredite aufnimmt – eine Erfolgsstory! Für Hilmar Kopper (ehem. Deutsche Bank) wären es nur Peanuts. Ich persönlich hoffe, dass dieser „erfolgreiche Weg“ schleunigst verlassen wird.
Dann viel Eigenlob… „Ich bin stolz darauf, dass …
die Feuerwehren auf dem höchsten technischen Niveau sind – sowohl in der Ausbildung, der Technik und den Feuerwehrgerätehäusern…“ außer in Rodden und in Friedensdorf. Für die beiden gibt’s leider jetzt und in Zukunft kein Geld mehr (Haushaltsplan 2022/23) – verabschiedet mit großer Stadtratsmehrheit.
„…die Steuerlast sowohl für die Bürger, als auch für die Industrie am unteren Ende in Sachsen-Anhalt liegen“. Deshalb wurde die Gewerbesteuer erstmal kräftig angehoben. Die Anhebung der Steuern für die Bürger wird alsbald folgen.
Und schließlich die Kritik – natürlich an den anderen…
„In den letzten Jahren haben leider auch populistische und von der Bundespolitik beeinflusste, für mich unnütze Diskussionen, die Arbeit im Stadtrat beeinflusst“.
Die beeinflusste Beeinflussung – ein wahrer Influencer! Ich habe in den Stadtratsprotokollen nachgesehen und lange nach irgendeinem bundespolitisch angehauchten Thema gesucht. Gut, Corona. Aber zu Corona gab es, solange die Bürgermeisterin die Stadtratssitzungen noch besuchte, keine Diskussion. Nur Informationen zu Fallzahlen, Inzidenzen und Beschränkungen.
Was gilt heute als „populistisch“? Wahrscheinlich alles, was rechtspopulistisch besetzt ist oder sein könnte, also die speziellen Positionen zu Asyl, EU, Grenzsicherung, Gendern, Klimawandel, Meinungsfreiheit… Im Stadtrat gab es keine Diskussion zum Gendern, auch nicht zur EU, deren Außengrenzen, zu Flüchtlingen oder zum Klimawandel.
Die einzigen „populistisch“ besetzten Themen waren Meinungsfreiheit und politische Zensur. Ihre Aussage kann sich daher nur auf diese beiden beziehen. Mit dem Halbsatz: „… für mich unnütze Diskussionen…“ liefert sie die für ihr Verhalten und ihre Einstellung treffende Aussage. Meinungsfreiheit ist in Leuna nicht zu dulden, politische Zensur muss sein.
Wer interessiert sich schon für Artikel 5 des Grundgesetzes? Nun ja, die deutsche Justiz: das Verwaltungsgericht Halle, das Oberverwaltungsgericht Magdeburg, das Oberlandesgericht Naumburg, der Bundesgerichtshof (schon zum zweiten Mal).
Und vor all diesen Gerichten scheiterte die Bürgermeisterin mit ihrer eigenwilligen Auffassung von Meinungsfreiheit. Für mich war nicht die Diskussion zur Meinungsfreiheit eine „unnütze“, sondern die angestrengten Gerichtsverfahren ihretwegen. Aber was soll’s, die Bürgermeisterin prozessiert und der Bürger darf’s bezahlen.
„… der künftige Bürgermeister, der aus der Mitte der Gesellschaft kommen sollte…“ Woher soll er sonst kommen? Oder soll das eine versteckte Botschaft sein?
„Er [der Bürgermeister] sollte unterschiedliche Meinungen sachlich abwägen und im Interesse des Gemeinwohles überlegt Entscheidungen treffen“. Das ist ein wirklich guter Satz. Die zweite Botschaft, die ich aus vollem Herzen unterstütze. Ich hoffe, dass dieser Leitsatz endlich wieder das Handeln im Leunaer Rathaus bestimmen wird. Viel zu lang war die Zeit… ohne ihn.
Udo Bilkenroth
„PS: Eine detaillierte Abrechnung unserer Arbeit, wie schon in den letzten Jahren, werde ich am Ende meiner Amtszeit für Sie im Stadtanzeiger als Beilage vorlegen“.
Da werden sich die 14.000 Leunaer aber freuen! Und bestimmt in Farbe! … und ganz viele Fotos! ich neben der Kanzlerin, ich hinterm König, der MP und ich…
…und die Farbseite im Stadtanzeiger kostet 1000 Euro! Vielleicht sollte sie sich und uns das ersparen, angesichts der aktuellen Haushaltslage, weil Papier knapp ist, weil die Umwelt geschont werden muss, weil wir die Fotos schon alle einmal gesehen haben…
PPS: Impressionen vom letzten Wahlkampf 2015 – Meinungsfreiheit. Der Gegenkandidat hatte sich erdreistet, Wahlplakate anzubringen. Gefiel offenbar nicht. Da musste unser Ordnungsamt ran. Über(k)leben oder Abkratzen, das war hier die Frage.
… am besten beides.