Liebe Leunaer,
ich war dabei… beim Erörterungstermin zur Raumverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben „B 181 Ortsumgehung Zöschen-Wallendorf-Merseburg“. Eine Erörterung vor der abschließenden gutachterlichen Stellungnahme zur Raumverträglichkeitsprüfung. Hört sich kompliziert an, sollte eigentlich etwas mit einer Diskussion zu Einwänden und Hinweisen zu tun haben.
Es klingt nach Beteiligung der Öffentlichkeit. Leider war diese ausgeschlossen. Hinein durfte nur, wer zuvor eine wesentliche Stellungnahme für die Bewertung und Abwägung eingereicht hatte. Was wesentlich ist und was nicht, entscheidet natürlich die Behörde.
Erster Erfolg, diese Hürde (wesentliche Stellungnahme) hatte ich geschafft.
… weiter auf Level 2.
Zirka 35 Anwesende, ein Drittel Ministerialbürokraten, ein Drittel von lokalen Behörden, der Rest war betroffen… Vertreter mehrerer Agrarunternehmen, ein Landwirt, Forstwirt, Bürgerinitiative, Kanalverein, Umweltschutzverbände.
Darüber, ob die Straße überhaupt gebraucht oder nicht, konnte nicht diskutiert werden. Auch nicht, ob es andere Möglichkeiten gibt, den Straßenverkehr von Ost nach West zu leiten.
Es gibt einen vom Bundestag beschlossenen Verkehrswegeplan. In diesem steht die B181n drin und deshalb wird sie auch gebaut. Basta!
Vielleicht war es in den 1990er Jahren berechtigt, eine neue Trasse von Merseburg nach Leipzig schaffen zu wollen und beide Städte an die A9 anzubinden. Aber das ist 30 Jahre her. Zwischenzeitlich wurden die B91 (Ortsumgehung Weißenfels), die A38 neu- und die B6 (Halle-Leipzig) ausgebaut. Die A14 ist nun 6-spurig, die B100 (Halle-Bitterfeld) 4-spurig, demnächst wird die A36 bis zur A9 bei Bitterfeld geführt. Also 6 große Ost-West-Verbindungen. Sie sollten den Verkehr eigentlich aufnehmen können.
Ganz oben wird alles daran gesetzt, den Straßenverkehr insgesamt zu reduzieren, den Individualverkehr drastisch zu verteuern, den LKW-Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen, den CO₂-Ausstoß zu senken. Wozu also neue Straßen?
Die B181n ist selbstverständlich keine einfache Straße, Fahrspur rechts, Fahrspur links, Striche in der Mitte. Es wird 4-spurig, zumindest von Merseburg bis Kreypau. Mir war bis dato nicht bewusst, dass von und nach Kreypau solche Massen an PKW und LKW unterwegs sind, dass autobahnartig ausgebaut werden muss. Aber Kreypau ist eben nicht nur Kreypau, sondern auch Wölkau und Wüsteneutzsch.
Die große breite neue Fernstraße, die die prognostizierten Unmengen an LKW, PKW, ggf. Lastenfahrräder aufnehmen soll, leitet sie genau… bis an das Ortseingangsschild von Günthersdorf. Dort ist nämlich Schluss. Ab da bleibt alles beim alten, 2-spurige asphaltierte Dorfstraße wie bisher.
So ein Unsinn, könnten Sie jetzt meinen. Natürlich nicht! Die Straßenbaubehörde hat den Auftrag, die Ortsumfahrung Zöschen-Wallendorf-Merseburg zu planen und zu bauen. Und der Planungshorizont reicht von Merseburgs B91 bis zum Ortseingang Günthersdorf. Im Auftrag steht nicht, eine Straße von der B91 zur A9 zu bauen, sondern nur bis zum Ortseingangsschild Günthersdorf.
So eine Behörde macht ganz genau das, was im Auftrag steht. Und nur das!
Für einen Straßenneubau in oder bei Günthersdorf hat die Behörde keinen Auftrag. Eine Behörde kann nicht einfach ohne Auftrag planen. Bedenken Sie die Kosten, es ist schließlich das Geld der Steuerzahler.
Umweltschutzbelange und Menschen sind hingegen kein Hinderungsgrund. Es wird ein Trassenkorridor festgelegt, so knapp 10 km breit. In diesem wird alles mögliche untersucht und dann werden die einzelnen Schutzgüter (Schnecken, Vögel, Fledermäuse… und Menschen) gegeneinander abgewogen. Die Experten und Gutachter verdienen sich „eine goldene Nase“. Sie suchen den kleinsten gemeinsamen Nenner.
Und fest steht die entgültige Trasse. In diesem Falle recht kurvenreich, auf Dämmen gebaut, mit einigen Krötentunneln, Lärmschutzwänden und einer 2,2 km langen Betonbrücke zwischen Merseburg und Kreypau.
Naturschutz war gestern. Ich war dabei.
Udo Bilkenroth