Die Mitteldeutsche Zeitung vom 03.03.2022 zur Bürgermeisterwahl 2022 unter dem Titel: „Es braucht progressive Ideen“. Werbung und Einladung für die von der mz moderierte Kandidatenrunde im CCE Leuna. „Schon jetzt stehen einige Herausforderungen fest“ – so die Einleitung in die Thematik. Was danach folgt? Eine Aufzählung von Problemen. Hat Leuna etwa Probleme? Ist vielleicht jemand unzufrieden? Der Stadtanzeiger und die offizielle Internetseite der Stadt sind doch voll des Lobes, zumindest des Eigenlobes.
„Die Zusammenarbeit von Ortschaften und Kernstadt stärken. … nach mehr als 10 Jahren Einheitsgemeinde sind die Unterschiede und Differenzen noch immer nicht überwunden“.
Man hat, so die offizielle Lesart, „Leuchttürme“ geschaffen. Leuchtturmprojekte – ein schöner Begriff aus der Werbewelt der Politik. Da, wo der Leuchtturm steht, freut man sich. Der ohne Leuchtturm sitzt im Dunkeln oder wird regelmäßig geblendet. Beides unangenehm. Einiges ist gelungen, vieles hätte man besser machen können. Es sind nicht immer Leuchttürme nötig, um den Alltag der Menschen aufzuhellen. Wahrscheinlich ist den Leuten mit ein paar kleinen Dingen mehr geholfen, als mit strahlkräftigen Großprojekten, in deren Glanz sich der Politiker so gerne sonnt.
„Die Kernstädter klagen, dass ihre Belange zu kurz kommen. Sie haben kein eigenes Gremium, keinen Ortschaftsrat, der sie vertritt“. Der war gewollt, von 3 Fraktionen im Stadtrat, so steht es in deren Wahlprogrammen.
Nun, die Bürgermeisterin wollte ihn nicht, CDU und BfL zeigten kein Interesse, die Linken waren sich uneins, die SPD kippte um. Also blieb nur noch die AfD-Fraktion übrig, die geschlossen einen Ortschaftsrat für Leuna forderte. Und Forderungen der AfD sind … … also abzulehnen. In jedem Dorf gibt es natürlich einen Ortschaftsrat, denn der ist wichtig für die Demokratie, ohne Ortschaftsrat geht‘s gar nicht, und nur er kann die Lage vor Ort richtig beurteilen. Eben, überall ist ein Ortschaftsrat wichtig – nur nicht in der Kernstadt.
Finanzen: „… eine Finanzlage, die ungewöhnlich schlecht ist. Durch eingebrochene Gewerbesteuern ist die Stadt in eine Schieflage geraten. Die Verwaltung sieht dabei die hohen Umlagezahlungen an Kreis und Land … als zentrales Problem. Deshalb erhofft die Kommune sich Unterstützung vom Land – bisher ohne Erfolg“.
Immer sind die anderen schuld! Die Umlagezahlungen: Wer regiert im Land? CDU. Wer regiert im Kreis? CDU. Wer regiert in Leuna? Die Bürgermeisterin, Mitglied der CDU-Kreistagsfraktion. Wer hat die Mehrheit im Stadtrat? Die „fast Einheitsfraktion“ (aus CDU und BfL). Mehr CDU-Direktverbindung geht eigentlich nicht. Haben sich unsere lokalen CDU-Vertreter zu wenig bei den oberen CDUlern für Leuna eingesetzt oder wollen die ganz oben nur das Beste von Leuna? Leunas Steuergelder? Man beklagt sich zwar, unternimmt aber nichts – gegen die eigenen Parteifreunde.
Damit zum Punkt 4 des mz-Artikels, nämlich den hausgemachten Ursachen: „Gemessen an der Größe gibt es kaum eine andere Stadt, die solche finanziellen Möglichkeiten hat. Doch hat Leuna damit in den vergangenen Jahren wenig mehr angefangen, als für Abermillionen Euro die Schwimmhalle zu sanieren und manch Kita- oder Feuerwehrneubau üppiger ausfallen zu lassen, als es sich die Nachbarn leisten könnten“. Das lasse ich mal so stehen.
„Progressive Ideen, die die reiche Kommune in Zeiten von Energiewende und Strukturwandel zum Vorreiter machen könnten, fehlten zuletzt“. Wohl war, es fehlte an Ideen, Energie und Struktur. Vielleicht wurde deshalb der Posten des Klimamanagers geschaffen. Dieser stellte beispielsweise fest,
dass es besser ist, die neue Kita am Nelkenweg mit Strom, Luft-Wärmepumpe und Erdgas zu beheizen, als die auf dem Grundstück befindliche Fernwärmestation zu aktivieren und mit der Abwärme vom Leunawerk zu heizen.
dass die Rohrleitungen im Rathauskeller schlecht isoliert sind – mit Fachleuten, Gutachten und Wärmebildkamera. Das kann man ganz einfach prüfen – Anfassen. Ob die Rohre mittlerweile isoliert wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich vermute nicht.
dass der Energieverbrauch in Kitas und Schulen zu hoch ist. Das war noch vor Corona, der Zeit mit wenig Lüften. Seit Corona lässt man die Wärme gleich dauerhaft durchs offene Fenster entweichen. Umluft mit Wärmerückgewinnung wäre hier gut. Hätte man auch gut im neuen Anbau der Jahnschule machen können, wenn … … sich der Klimamanager nicht schon wieder verflüchtigt hätte. Soll heißen, er hat gekündigt. Ob nun Energie eingespart wird, weiß ich nicht, zumindest sparen wir sein Gehalt.
„Strukturwandel“ Nun ja. Das erste Projekt, das im Nachbarkreis mit den Kohleausstiegsmilliarden realisiert werden soll, ist die Fassadenreinigung des Naumburger Doms. Das ist für mich zuallererst Denkmalpflege und in zweiter Linie Förderung des Tourismus. Aber wahrscheinlich wird die Fassade so hell erstrahlen, … wie ein Leuchtturm. Womit sich der Kreis wieder schließt.
Abschließend noch zum Wohnraum: „Leuna hat … gute Voraussetzungen für Zuzug. … Genehmigung für mehr Baugebiete auszuhandeln. Diese gilt es nun konsequent zu entwickeln“. Da gibt es einiges zu tun. Zwei Schnellverfahren zu Baugebieten laufen. Kötzschau – private Vermarktung, weil die Stadt zu spät kam. Friedensdorf – wird wohl privat vermarktet werden, weil es die Stadt selbst nicht „packt“ und es ihr zu aufwändig und zu teuer ist. Zudem ist die Grundstückssituation (Eigentum) noch nicht abschließend geklärt.
Seit Jahren versucht man (die Stadt) ein paar Grundstücke in Göhlitzsch zu vermarkten, damit dort 4 Eigenheime gebaut werden können. Man scheiterte und verkauft nun an einen Makler. Städtisches Eigentum billig an den Makler veräußern, der es dann für den doppelten, dreifachen, vierfachen… Preis weiterverkauft. Ein Leunaer Erfolgsmodell.
In Zöschen gibt es ein von privater Hand voll erschlossenes Baugebiet. Nur wird dort leider nicht gebaut. Die Genehmigungslage ist schwierig. Der Landkreis fordert nämlich einen Bebauungsplan. Die Stadt bedauert ganz außerordentlich intensiv, dass sie dort leider gar nicht helfen kann. Zöschen liegt nämlich im Saalekreis und nicht in Leuna. Oder irre ich hier?
Hier soll der kleine Ausflug in die Problemwelt enden. Entweder: Es gibt viel zu tun – Packen wir es an! Oder: Weiter wurschteln wie bisher. Sie haben die Wahl.
Udo Bilkenroth