Liebe Leunaer,
seit mehr als einem Jahr gibt es die AfD-Fraktion im Stadtrat und seit mehr als einem Jahr berichten wir über unsere Auffassungen, teilen unsere Meinung mit, veröffentlichen wir im Stadtanzeiger. Zumindest haben wir es versucht.
Gottseidank hat Sie die ortseigne Zensur davor bewahrt, Schlimmes zu lesen. Es passt eben nicht jedem, was wir sagen und dass wir etwas sagen.
Nun gibt es eine Initiative, den Inhalt des Stadtanzeigers zu verändern. Bestimmt wird hierzu ein Euphemismus (beschönigender Ausdruck) gebraucht werden, um das Eigentliche zu verschleiern, dass man es satt hat, den „ungeliebten“ Stadträten ein Podium der Öffentlichkeit zu bieten.
In Leuna ist nicht alles Gold, was glänzt. Das wird keiner bestreiten. Nur allzu offen sollte man das nicht sagen. Geschätzt werden Schönmalerei und Lobpreisung. Ob nun der neue Stadtanzeiger die lokale Schriftwerdung des Eskapismus sein wird – Bezeichnung für den Hang zur Flucht aus der Wirklichkeit, Zerstreuungs- und Vergnügungssucht sowie neurotischer Abwehr von unerfreulichen Aspekten und Anforderungen der Realität – wissen wir nicht.
Bestimmt hat niemand die Absicht, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Bestimmt hat niemand die Absicht, Kritik zu unterbinden. Bestimmt hat niemand die Absicht, der AfD-Fraktion zu verbieten, im Stadtanzeiger zu veröffentlichen.
Doch wie sagte einst der spitzbärtige Walter U., ehemaliger Namenspatron des hiesigen Chemiewerks: „…niemand hat die Absicht…“
Udo Bilkenroth
PS: Heutzutage muss oder sollte man auf gendergerechte Sprache achten. Fanatiker meinen, bereits das Wort „niemand“ sei nicht gendergerecht. Zwar klingt „niefrau“ irgendwie komisch, bringt die Sache aber auf den Punkt.
PPS: Wie soll der freie Platz im Stadtanzeiger genutzt werden, wenn die Fraktionen, die gewählten Stadträte nicht mehr veröffentlichen dürfen? Ganzseitige Fotos von „niefrau“?